Liebe Gemeinde,
wir sind mitten in der Hl. Woche. Ostern steht vor der Tür. Vielleicht ist es Ihnen wie mir ergangen: die Fastenzeit war sehr schnell zu Ende. Die Zeit verfliegt. Ich hatte kürzlich eine sehr interessante Unterhaltung rund um die Kar- und Ostertage sowie die Liturgie. Dabei ging es auch um die Fußwaschung am Gründonnerstag. Die Fußwaschung als Zeichen am Gründonnerstag ist ein schwieriges Zeichen, da es nicht zu unserem Alltag gehört. Wir tragen geschlossene Schuhe, Staub und Hitze sind uns zwar bekannt, aber durch Socken etc. hat sich nie eine Fußwaschung vor dem Betreten eines Hauses in unserem Kulturkreis etabliert.
Was wäre also ein passendes Zeichen anstatt der Fußwaschung für unsere Zeit?
Zeit!
Die Ressource, die wohl mit am knappsten in unserer heutigen Zeit ist. Zeit haben, Zeit verschenken, Zeit einbringen. So sagte es mir jemand in dem Gespräch über ein passendes Zeichen am Gründonnerstag. Mich hat das sehr nachdenklich gemacht. Meine Zeit einzubringen, ohne viel Aufsehen darum zu machen; einfach da zu sein, auszuhelfen, wo Menschen zu wenig Zeit haben (in der Pflege, in der Lieferlogistik etc.)… Es gibt so viele Bereiche, wo der Zeitdruck so enorm ist. Vielleicht wäre dies etwas, was Jesus heute tun würde: Zeit schenken … Mich persönlich rührt es an, wenn ich mir vorstelle, wie viele Menschen unserer Pfarrei Zeit schenken und sich einbringen und dadurch auch wachhalten, was unsere Zeit prägt.
Unsere Osterkerze zeigt in diesem Jahr eine Friedenstaube sowie ein Kreuz, welches die Form eines Hashtags hat. Mich hat das Kreuz an ein Kreuz aus der Musik erinnert. Kreuze in der Musik „erhöhen“. Ostern ist das Fest der Extreme. Es geht vom jubelnden Einzug in Jerusalem, über die Gemeinschaft beim Mahl, den Verrat, die Verurteilung, die Kreuzigung, den Tod, die Grabesruhe hin zur Erhöhung. Ein Leben im Schnelldurchgang, eine Zeit, dicht gefüllt bis zum Rand; Höhen und Tiefen.
Und vielleicht ist genau dies ein Symbol für Ostern 2023: sich bewusst zu machen, dass unsere Zeit eine Zeit der Höhen und Tiefen ist, der Konflikte und hoffentlich
Entspannungen, dass Zeit eine knappe Ressource ist, dass das, was unseren Alltag prägt, Kreuz und Leid, ebenso wie Freude und Gemeinschaft aufgenommen ist durch unseren Glauben und den Blick schärfen kann für das, was wirklich zählt: Gerechtigkeit und Frieden, oder ganz fromm: Erlösung.
So wünsche ich Ihnen gesegnete Kar- und Ostertage, eine Zeit, die Ihren Alltag bereichert und aufnimmt, was Sie gerade beschäftigt und vielleicht die ein oder andere Erlösung mit sich bringt. In diesem Sinne: Gesegnete Ostern!
Joachim Brune, Pfrarrer

Auszug aus dem Wochenbrief Nr. 15