Liebe Schwestern und Brüder,
liebe Leserinnen und Leser,
Ich bin dankbar, dass uns die Fastenzeit jedes Jahr aufs Neue die Gelegenheit gibt, innezuhalten und unser Leben bewusst in den Blick zu nehmen. Sie lädt uns ein, zu prüfen, was wirklich zählt – damit Weihnachten und Ostern nicht nur Kalendertage bleiben, sondern tiefe Wirklichkeit in unserem Leben werden. Fastenzeit bedeutet in diesem Sinne ein echtes „Fern-Sehen“: den Blick weiten, sich ausrichten auf das Wesentliche und die wahre Bedeutung dieser Feste entdecken. Das ist großartig – das ist ein wahrhaft lohnendes „Fernsehen“!
Ganz anders klingt es, wenn von „großartigem Fernsehen“ im Zusammenhang mit politischen Eskalationen und menschlichem Leid gesprochen wird. Wenn Konflikte als Unterhaltung inszeniert werden und Menschen zur Schau gestellt werden, dann fehlt jede Weitsicht. Wo es nur um Sensationen und Machtdemonstrationen geht, bleibt wenig von der Würde, die das Reich Gottes verkündet. Doch wahre Unterhaltung – im tiefsten Sinne des Wortes „Unterhalt“ – dient dem Leben, nicht der Spaltung.
In diesem Jahr stellt Misereor seine Fastenaktion unter das Motto:
„Auf die Würde. Fertig. Los.“ Ein starkes Zeichen! Denn wo die Würde mit Füßen getreten wird, kann es keinen guten Unterhalt für den Menschen geben.
Die Texte des zweiten Fastensonntags zeigen uns einen eindrucksvollen Gegenentwurf: Gott spricht Abraham inmitten von Dunkelheit und Angst eine besondere Würde und eine große Verheißung zu. Vertrauen statt Verunsicherung, Hoffnung statt Demütigung. Was für eine großartige Fernsicht – was für eine Perspektive für unser Leben!
Mit dieser Botschaft dürfen wir unterwegs sein: Eine Fernsicht, die Orientierung gibt, und einen „wahren Unterhalt“, der dem Leben dient.
Herzlich,
Ihr
Joachim Brune, Pfarrer

Auszug aus dem Wochenbrief Nr. 12